Eine Userin berichtet, wie sie von einer örtlichen Raumplanerin zu einer international gefragten Luftballonkünstlerin wurde.
Im Gymnasium waren Zeichnen und Darstellende Geometrie meine Lieblingsfächer. Zur Anmeldung auf der Kunstakademie fehlte mit das Selbstvertrauen oder der Biss oder beides, und ich absolvierte vorerst ein College an der Handelsakademie. Nach dem Abschluss war klar, Wirtschaft ist nicht mein Metier.
Schließlich habe ich das Studium Raumplanung und Raumordnung an der TU Wien abgeschlossen und zwanzig Jahre in diesem Beruf gearbeitet. Der Schwerpunkt meiner Arbeit, als Angestellte in einem privaten Büro, lag in der örtlichen Raumplanung für Gemeinden in Niederösterreich.
Um mir mein Studium zu finanzieren, habe ich mit dem Jonglieren begonnen und mir mit einer Feuershow Geld dazuverdient. Dann lernte ich noch Kinderschminken und schließlich auch das Luftballonmodellieren kennen. Ich hätte damals nicht im Traum daran gedacht, dass das mein Leben einmal so grundlegend verändern könnte.
Entwicklung zur international gefragten Luftballonkünstlerin
Als Alleinerzieherin eines heute 22-jährigen Sohnes habe ich versucht, die Balance zu finden zwischen dem Dasein als liebevolle Mutter, der Notwendigkeit, ausreichend Geld zu verdienen, und dem Wunsch, eigene Träume nicht völlig zu ignorieren. So fuhr ich 1998 zum ersten Luftballonfestival in Deutschland. Ich war fasziniert von den kreativen Menschen dort und welche Gestaltungsmöglichkeiten es mit Luftballons gibt.
Ballonfiguren „nur“ nachzubauen war mir schnell zu wenig. Meine Liebe zu Formen und Farben, Kreativität kombiniert mit handwerklichem Geschick sowie der technische Berufshintergrund und das damit verbundene räumliche Vorstellungsvermögen führten dazu, dass ich bald eigene Figuren und neue Techniken entwickelte. Zwei Jahre später wurde ich eingeladen, einen ersten Ballon-Workshop abzuhalten, 2004 konnte ich in Belgien einen Europameister-Titel holen. Weitere Auszeichnungen und Workshops in ganz Europa folgten.
Bis dahin hatte ich vor allem kleine Figuren modelliert. Das änderte sich, als mich ein Schweizer Kollege fragte, ob ich bei einer begehbaren Luftballon-Ausstellung für ein Einkaufszentrum mitarbeiten wolle. Ein spontanes „Ja“, und schon baute ich als Vorbereitung einen lebensgroßen Elefantenkopf – in meinem Wohnzimmer. Die Ausstellung war ein Erfolg und zog weitere Engagements nach sich.
Der nicht ganz freiwillige Umstieg
Raumplanung ist ein spannendes Berufsfeld, allerdings schränken politische und private Interessen den Spielraum in der örtlichen Raumplanung sehr ein. Zumindest hatte ich nach zwanzig Jahren das Gefühl, manchmal das Gegenteil dessen planen zu müssen, wovon ich überzeugt war. Die überwiegende Arbeit am Computer und das Gefühl des Stillstandes frustrierten mich. Schließlich sah ich mich außer Stande weiter zu arbeiten, auch meine Kreativität schien wie weggeblasen. Mir war klar, dass ich da nur rauskomme, wenn ich etwas in meinem Leben grundlegend ändere.
Das war keine einfache Entscheidung. Mir war bewusst, dass es schwierig sein würde, als Luftballonkünstlerin den Lebensunterhalt zu verdienen. Unterstützung bekam ich vom AMS, das mich nach Vorlage eines Konzepts ins Gründerprogramm aufnahm.
Mein Parallel-Universum wird zum Beruf
Ende 2013 gründete ich schließlich mein eigenes Unternehmen „TwistArt“. Mein Angebot umfasst Dekorationen, Unterhaltungsprogramme und Ausstellungen. Vom einfachen, liebevoll zusammengestellten Ballonstrauß bis zur Rauminstallation für Großevents – alles wird aus Luftballons gefertigt, die aus Naturkautschuk hergestellt sind.
Ich liebe die immer neuen kreativen Herausforderungen, dazu kommt die Freude mit und für Menschen zu arbeiten, sie zum Lachen und Staunen zu bringen, Kinder wie Erwachsene.
Die vergangenen Jahre haben mich mit meinem neuen Beruf in die ganze Welt geführt: Workshops für Ballonfestivals in Brasilien und Singapur waren ebenso dabei wie die Einladung zum World Balloon Art Festival in China. Und auch in Österreich durfte ich bereits mehrere Ausstellungen für Einkaufszentren gestalten.
Natürlich gibt es auch Schattenseiten. Was mir fehlt, ist der tägliche soziale und fachliche Austausch mit Kolleginnen und Kollegen und die gemeinsamen Kaffeepausen. Das versuche ich durch Kooperationen mit österreichischen Dekorateuren und Dekorateurinnen und regelmäßige Kontakte zu meinen Berufs-Kolleginnen und -kollegen im Ausland auszugleichen. Auch die Herausforderung, neben den Aufträgen kontinuierlich Marketing zu betreiben, ist groß.
In den nächsten Jahren möchte ich meine luftige Kunst vor allem in Österreich vermehrt anbieten. Mein mittelfristiges Ziel ist ein eigenes Atelier, wo ich Workshops halten und eine fixe Mitarbeiterin oder einen fixen Mitarbeiter beschäftigen kann.
Aber auch heute schon stehe ich in einem Beruf, den man so nicht planen kann, und der mir vielleicht auch passiert ist, weil ich in den richtigen Momenten ja gesagt habe. (Sabina Kellner, 30.7.2019)
Sabina Kellner ist selbständige Luftballonkünstlerin.
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