Stellungswechsel - DER STANDARD Jobs https://jobs.derstandard.at// Wed, 15 Nov 2023 14:06:20 +0000 de-AT hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.6 Zum ersten Mal im Leben ist der Beruf eine Herzenssache https://jobs.derstandard.at//leserblog/zum-ersten-mal-im-leben-ist-der-beruf-eine-herzenssache/ Wed, 16 Mar 2022 07:08:04 +0000 http://localhost/?p=4446 Unsere Userin erzählt, warum sie sich heute in ihrem Beruf nicht mehr Zahlen und Fakten sondern Kindern widmet. Sie findet: Es zahlt sich immer aus, etwas Neues zu lernen.

„Das hab ich noch nie zuvor versucht, deshalb bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe!“ Dieser Spruch meiner lieben „Freundin“ Pippi Langstrumpf begleitet mich seit vielen Monaten. Und auch diese E-Mail ist etwas, das ich noch nie zuvor versucht habe.

Ich finde aber, dass meine persönliche Geschichte perfekt in die Reihe Ihrer Karrieregeschichten passt. Denn wenn mich etwas in den vergangenen zwölf Monaten angetrieben hat, dann waren das Mut und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Das sind übrigens zwei Eigenschaften, die ich mir Zeit meines bisherigen, fast 50 Jahre dauernden Lebens, nicht unbedingt zugeschrieben hätte.

Als Projektleiterin in der IT-Branche erfolgreich 

Mein ganzes Berufsleben lang – also schon fast 30 Jahre – war ich in der IT-Branche tätig. Von der Assistentin zur Projektassistentin habe ich mich zur Projektmanagerin „hinaufgearbeitet“. Das in der Praxis bereits seit einigen Jahren Umgesetzte und Gelebte, habe ich mir dann auch noch zusätzlich in der Theorie angeeignet: als „spätberufene“ Studentin mit 30 Jahren.

Auch danach war ich viele Jahre lang in unterschiedlichen Unternehmen, von unterschiedlicher Größe und in unterschiedlichen Brachen mit großen und kleineren Projekten ausgelastet. In meinem letzten Beruf war ich zwölf Jahre lang als Projektleiterin tätig, durchaus zufrieden und gut entlohnt.

Ein neuer Beruf – Weiterbildung zur Ernährungstrainerin

Aber: Ich spürte, da war noch etwas Anderes. Diverse Umstände – unter anderem auch der erste Lockdown vor zwei Jahren – brachten mich zum Nach- und Umdenken: Will ich wirklich für immer in dieser mir selbst erarbeiteten Komfortzone bleiben? Bis zur Pension angestellt sein und kopf- und zahlengesteuerte Projekte leiten? Kann ich mich fachlich und vor allem persönlich nicht doch noch weiterentwickeln?

Ich begann, mich weiterzubilden: Zuerst primär aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen mit einer Ausbildung zur ganzheitlichen Ernährungstrainerin. Auf der Suche nach einem Diplomarbeitsthema für diese Ausbildung wurde mir bald klar, dass ich neben der Leidenschaft für gesundes und gutes Essen auch noch meine zweite Leidenschaft – meine Liebe zu Kindern – in mein Diplomarbeitsthema mit einfließen lassen möchte.

Kinder-„Gärtnerin“ aus ganzem Herzen

Und es kam, wie es kommen sollte: Aus der Diplomarbeit wurde mein Konzept für eine ganzheitliche Kinderbetreuung. Eine neue Betreuungsform, die neben dem Schwerpunkt auf gesunde Ernährung auch alle anderen wichtigen Dimensionen des Wohlbefindens in der Betreuung berücksichtigt: Bewegung, Natur, Nachhaltigkeit, Lernen & Entdecken, Träume & Phantasie, Kreativität und Gemeinschaft.

Aus dieser Diplomarbeit und diesem Konzept erwuchsen „Die Sprösslinge“! Das ist meine kleine Kindergruppe, die ich seit Jänner 2022 als selbstständige, zertifizierte Tagesmutter und Kindergruppenbetreuerin in einer eigens dafür eingerichteten Wohnung im 3. Bezirk führe.

Zum ersten Mal in meinem Leben mache packe ich in meinem Beruf Projekt nicht mit dem Kopf, sondern rein mit meinem Herzen an. Aus einer zahlen- und datengetriebenen Projektleiterin wurde eine Kinder-„Gärtnerin“. Deren Ziel es ist, ihre Sprösslinge beim Wachsen auf allen Ebenen zu fördern und zu fordern und sie ein paar Jahres ihres Lebens zu begleiten. Und damit auch selbst wieder zu lernen und vor allem zu wachsen – denn dafür ist es nie zu spät!


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Berufliche Zufriedenheit über Umwege https://jobs.derstandard.at//leserblog/berufliche-zufriedenheit-uber-umwege/ Mon, 28 Feb 2022 09:02:28 +0000 http://localhost/?p=4413 Eine Userin berichtet, wie sie über den Umweg nach Thailand von technischen Berufen zur ganzheitlichen Arbeit mit Menschen gekommen ist, um berufliche Zufriedenheit zu erlangen.

Manche Menschen wissen schon als Kind, was sie einmal werden wollen oder wie ihr Leben verlaufen soll. Märchenschloss, Prinz*essin, Feuerwehrmann, was auch immer. Ich glaube, ich hatte nie eine Vision in diese Richtung. Mich hat mal die eine Sache interessiert, dann wieder eine ganz andere.

Aber was auch immer es gerade war, es war für mich immer vorstellbar, den Weg in diese Richtung zu gehen. Mich auf etwas festzulegen, war nie so meines. Also – mich langfristig festzulegen. Kurzfristig hätte ich dafür Berge abgetragen. Aber langfristig? Es gibt doch so viele spannende Dinge auf dieser Welt, die erkundet werden wollen…

Und genau so ist mein Berufsleben verlaufen. Kunterbunt, oftmals auch dunkelgrau bis schwarz, aber immer in Bewegung. Und bei Bewegung bin ich dann auch gelandet. Indirekt. 

Alleinerziehend und auf Sicherheit bedacht

Mein Start ins Berufsleben begann Ende der 80-er Jahre in der Zahntechnik. Nach vier Jahren Ausbildung bin ich nach Wien umgezogen. Ich habe einen Sohn bekommen und war alleinerziehend. Sicherheit war meine oberste Prämisse. Gedanken über die berufliche Zufriedenheit und „Was will ich eigentlich?“ waren wohl erlaubt, aber nicht vorhanden. Mein Leben war schön, aber fordernd.

Ein Tag, der alles änderte

Bis der Tag kam, an dem ich am Weg ins Labor plötzlich keine Luft mehr bekam. Als hätte mir jemand die Hände um den Hals gelegt und fest zugedrückt. Da ging dann plötzlich nichts mehr. Nichts mehr war normal.

Mir war klar: Jetzt heißt es umdenken. Um mich wieder zu spüren, habe ich damals eine Ausbildung in traditioneller Thaimassage gemacht. Ich habe aber nie in diesem Bereich gearbeitet, weil ich dazu gar nicht wirklich in der Lage gewesen wäre.

Der Wunsch, am Leben teilzuhaben

Aber ich kam wieder ins Spüren und raus aus diesem Nebel des Burnouts und der Depression. Und auch raus aus der Zahntechnik. Ich wollte nicht mehr im Kammerl sitzen und den Keramikpinsel schwingen. Ich musste unter Menschen. Ich wollte wieder am Leben teilhaben. So richtig mittendrin sein. 

Medizin hat mich immer interessiert. Schon als Kind durfte ich mit meinem Vater in den Ferien mit in die Krankenhäuser, die er als medizinischer Techniker aufsuchte. Ich konnte in den Labors sitzen und den Medizinisch-technischen Assistent*innen beim Arbeiten zusehen. Zusehen, wie sie Patient*innen Blut abnahmen. Ab und an durfte ich dann auch irgendwo ein bisserl mithelfen.

Neue Schritte im Gesundheitsbereich

Dass es mich später in die medizinische Richtung gezogen hat, kam also nicht völlig aus dem Nichts. Und so bin ich in einer dermatologischen Praxis gelandet. Nie werde ich meinen ersten Tag dort vergessen, als ich mitsamt meiner Angst vor Spritzen am OP-Tisch stand, um zu assistieren. Mein einziger Gedanke war „Ich kann jetzt die Augen davor schließen. Ich kann sie offen lassen, zusehen und umfallen – oder ich halte es aus“.

Ich habe es ausgehalten. Nein – ich habe es lieben gelernt. Aber ich war spürbar noch nicht am Ziel. Wenn operieren „im Kleinen“ schon Spaß macht, dann bringt es „im Größeren“ noch mehr Spaß, war meine Devise. Also habe ich die Ausbildung zur Operationsgehilf*in gemacht. Ein ausgewiesener Männerberuf, aber derlei Umstände haben mich noch nie abgehalten.

Zurück in die Ordination

Was mich jedoch davon abhielt, diesen Beruf nach der Ausbildung auszuüben: Ich bemerkte, wie ich von Tag zu Tag abstumpfte. Zwar hatte ich in den ersten Wochen im Krankenhaus regelrecht Ehrfurcht vor dem Leben. Ich empfand extrem viel Dankbarkeit davor, wie gesund ich und mein Sohn waren.

Aber nach einigen Wochen war davon nichts mehr zu spüren. Da war der Körper nichts als ein Körper und kein menschliches Schicksal mehr dahinter erkennbar. Ohne einer solchen Abgrenzung kann man vermutlich in diesem Bereich nicht arbeiten. Aber ich wollte nicht so werden. Also zurück in die Ordinationen. 

Plastische Chirurgie, Kinderheilkunde, interne Medizin, Allgemeinmedizin – ich hab mich in alle Richtungen versucht. Letztendlich bin ich in der physikalischen Medizin gelandet. Aber auch dort ging es wieder ausschließlich um den Körper. Niemand konnte sich die Zeit nehmen, um den Menschen im Ganzen zu erfassen.

Der Wunsch nach einer Auszeit

Erneut wurde mir klar, dass ich das zwar eine Zeit lang machen und durchhalten könnte. Aber ich kannte die Konsequenzen schon, die solche Durchhaltversuche auf meinen Körper hatten. Berufliche Zufriedenheit fand ich also auch über diesen Weg nicht und mir gingen die Ideen aus. Mir war bewusst, dass ich eine Auszeit brauchte, um mir darüber klar zu werden, was ich wollte. 

Mein Sohn war mittlerweile in einem Alter, in dem es mir möglich war, das Land für eine Weile zu verlassen. Aber was tun? Wohin gehen, um was zu machen?

Bei mir selbst und in meiner Berufung angekommen

Eine Bildungskarenz war die Lösung. Ein angedachtes humanitäres Projekt in Afrika als OP-Gehilfin erwies sich aber leider nicht als umsetzbar. Aber: Da war ja noch die Thaimassage. Also führte mich mein Weg nach Bangkok in eine Massageschule, um das benötigte Zertifikat zu bekommen.

Von dort reiste ich in den Norden Thailands zu den Weisen, die in den Tempeln arbeiten und keine Zertifikate ausstellen. Dort ging mir das Herz auf. Ich kam an. Bei mir selbst und in der Thaimassage. Das war mein Weg: Die Menschen endlich ganzheitlich wahrnehmen zu können.

Zurück in Wien stellte sich allerdings die Frag: Wie setze ich das um? Was tue ich jetzt mit meiner Erkenntnis? Ich und selbstständig? Wie mach ich das? Was brauche ich dafür? Das kriege ich niemals hin! Ich habe mir ein Businesscoaching gegönnt und mir mit Unterstützung alle Steine angesehen, die in meinem Weg lagen. Dann habe ich mich auf das Wagnis Selbstständigkeit eingelassen.

Andere Menschen auf ihrem Weg begleiten

Heute betreibe ich seit neun Jahren meine One-Woman-Praxis und begleite Menschen auf ihrem Weg durchs Leben. Es ist total erfüllend und spürbar mein eigener Weg. Wenn es mir doch mal zu eng wird in der Stadt, gehe ich auf Reisen und male.

Aktuell läuft eine kleine, feine Ausstellung mit meinen Bildern. Malen und Reisen sind ein wunderbarer und auch notwendiger Ausgleich. Ich habe meine Balance und berufliche Zufriedenheit gefunden, bin dafür unendlich dankbar und es erfüllt mich, andere Menschen auf genau diesem Weg begleiten zu können und zu dürfen.


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Stellungswechsel https://jobs.derstandard.at//leserblog/stellungswechsel/ Sun, 09 Jan 2022 08:00:00 +0000 http://localhost/?p=268

Sie haben eine berufliche Veränderung gewagt und sich komplett neu orientiert? DER STANDARD ist auf der Suche nach Ihrer Geschichte!

Sie haben sich mit 40 Jahren entschieden, Ihre Karriere im multinationalen Großkonzern zu beenden, haben nochmals die Schulbank gedrückt und sind jetzt leidenschaftlich in einem Lehrberuf tätig? Sie haben während Ihrer Karenzzeit den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und Ihren Wunsch nach dem eigenen Unternehmen verwirklicht? Sie haben Ihren 9-to-5-Job an den Nagel gehängt und arbeiten nun als Digitalnomade auf der ganzen Welt unterwegs?

Eine solche Veränderung in der Karriererichtung bedarf einer Menge Mut und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Wenn Sie eine große berufliche Veränderung hinter sich haben und Ihre Geschichte mit der STANDARD-Community teilen möchten, um andere an Ihren Erfahrungen teilhaben zu lassen und zu inspirieren, dann schicken Sie uns Ihre Geschichte. Wir freuen uns darauf!

Für alle, die diesen Schritt noch nicht gewagt haben, gilt: Trauen Sie sich und verwirklichen Sie Ihre Träume. Es geht um Ihre Einstellung!

Alle Informationen, die Sie für Ihre berufliche Veränderung benötigen, finden Sie im Service-Bereich von jobs.derStandard.at.

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WIR MACHEN HALBE-HALBE – Ein Vater tauscht Karriere mit Kinderbetreuung https://jobs.derstandard.at//leserblog/wir-machen-halbe-halbe-ein-vater-tauscht-karriere-mit-kinderbetreuung/ Tue, 12 Jan 2021 14:18:08 +0000 http://localhost/?p=3241 Vom langjährigen IT-Manager in einem globalen Finanzkonzern zu einem selbstständigen Schriftsteller – STANDARD Leser Andreas erzählt uns, wie die Elternteilzeit seinen Berufsweg nachhaltig verändert hat.

Ja, ich verdiente fast das Doppelte meiner Frau. Ja, ich musste meine Führungsposition aufgeben. Trotzdem blieb ich bei meinem Kind zu Hause. Und wertschätze jede Minute davon.

Als langjähriger IT-Manager in einem globalen Finanzkonzern habe ich den Schritt gewagt und bin trotz massiven Einkommensverlustes in Elternteilzeit gegangen. Ich war bis dahin in komplexen   herausfordernden Projekten in leitender Rolle involviert. Warum sollte ich dann dem allerwichtigsten Projekt in meinem Leben, unserer Tochter, nicht die höchste Priorität widmen?

Mein Entschluss geriet auch nicht ins Wanken, als ich zu guter Letzt auch noch meine leitende Position als Führungskraft aufgeben musste. Für meine Tochter zu sorgen, für sie im Alltag da zu sein und mit ihr viel Zeit verbringen zu können, fühlte sich so viel richtiger an als Karriere und Geld.

Weil es um mehr geht, als nur das Gehalt nach Hause zu bringen, weil auch die Frau Karriere machen will, weil auch der Vater einem Kind sehr viel mitzugeben hat. Weil es aber auch aufgrund der beruflichen Rahmenbedingungen so ist, dass ein Elternteil keine andere Wahl hat, als in Teilzeit arbeiten zu gehen. In herausfordernden Berufen zu arbeiten, in denen die Erfordernis ständiger Verfügbarkeit immer größer wird, in denen Unternehmen zwar Work-Life-Balance propagieren, aber trotzdem jederzeit volle Einsatzbereitschaft erwarten, bleiben die Kindererziehung und das Familienleben bei gleichzeitiger Vollzeitbeschäftigung beider Elternteile allzu oft auf der Strecke.

Elternteilzeit
Foto: Andreas Schimanko mit Tochter

Natürlich kann und will sich das nicht jeder leisten. Wir sind „späte“ Eltern, haben viel Vorarbeit geleistet und konnten hier deshalb auf Rücklagen zugreifen, die uns Flexibilität und den nötigen Rückhalt geben. Wir mussten unsere Prioritäten von Beruf, Karriere und Privatleben nach der Geburt unsere Tochter neu bewerten. Dies half uns, dem Wesentlichen, worum es uns geht im Leben, Familie, Gesundheit und Zeit, einen neuen Stellenwert zu geben.

Mit dem vollendeten 7. Lebensjahr endete die gesetzliche Möglichkeit der Elternteilzeit, gerade als unsere Tochter eingeschult wurde. Auch wenn mein damaliges Unternehmen viel unternahm, um Familien zu unterstützen, wurde mir leider nicht die Chance geboten, weiterhin in Teilzeit zu arbeiten. Meine Position erforderte laufende Präsenz, persönlich oder virtuell, es galt internationale Termine wahrzunehmen, Teams zu führen, globale Programme zu koordinieren, kurz, permanent verfügbar und ansprechbar zu sein. Ich hatte Verständnis für die Argumente meines Arbeitgebers, und schließlich waren ja für den begrenzten Zeitraum der Elternteilzeit alle Hebel in Bewegung gesetzt worden, um diese zu ermöglichen. Doch so sehr ich mich auch wieder in das berufliche System hineinziehen ließ, schwang auch etwas Wehmut mit. Die Zeit mit meiner Tochter spürte sich einfach besser an als jegliches Erfolgserlebnis im Job oder eine fette Gehaltserhöhung.   

Auf jeden Fall waren wir nun von der herausfordernden Situation betroffen, Omas und Opas regelmäßig einzusetzen, Nannys zu engagieren, und auf die Hilfe von Freunden zurückzugreifen. Meine Frau und ich stimmten laufend unsere Terminpläne ab, versuchten jede Woche aufs Neue eine geregelte Kinderbetreuung zu organisieren und auch gemeinsame Familienzeit freizuschaufeln. In einer dynamischen Berufswelt trotz Homeoffice und flexibler Arbeitszeiten manchmal kein leichtes Unterfangen, Terminänderungen konnten sich da schnell fatal auswirken. Irgendwie schafften wir es immer, aber auf Dauer war die Situation unbefriedigend. Den Großeltern war aufgrund ihres fortschreitenden Alters ein regelmäßiger Einsatz nicht mehr zumutbar und wir wollten unsere Tochter auch nicht übermäßig in fremde Aufsicht geben.

Foto: Familie Fanto-Schimanko

Als unsere Tochter am Sprung von der Volkschule ins Gymnasium war, hielten wir Familienrat. Ich wollte mich beruflich verändern, ich war erschöpft und unzufrieden mit der Situation. Ich spielte schon seit Längerem mit dem Gedanken, mich beruflich zu verändern, mich selbständig zu machen, ein Buch zu schreiben. Auch für meine Frau, die aufgrund einer neuen Position ihren Verantwortungsbereich erweiterte, würde es entlastend sein, wenn ich wieder mehr Zeit zu Hause wäre. Und unsere Tochter würde, zumindest anfänglich, Unterstützung in schulischen Belangen benötigen. Die Zeit war reif für Veränderung.

Foto: Familie Fanto-Schimanko

Der Ausstieg aus dem Job nach 30 Jahren war natürlich ein emotionales Unterfangen, schließlich gab ich eine unkündbare Stellung mit sehr guter Bezahlung auf, ich fühlte mich meinem Unternehmen immer sehr verbunden und wurde dort sehr wertgeschätzt. Dank der vorangegangenen langen und intensiven Abwägung war ich jedoch sicher, das Richtige zu tun und einigte mich auf einen fairen Exit.

Mittlerweile bin ich zu Hause, schreibe an meinen Büchern, von Zeit zu Zeit arbeite ich in einem Netzwerk selbständiger Experten, bei denen ich mein berufliches Wissen einbringen kann. Meine Frau kann sich auf ihren Job konzentrieren, reserviert aber so viel wie möglich Zeit für die Familie. Und unsere Tochter? Die ist mittlerweile auf dem Weg in die Oberstufe und entwickelt sich prächtig. Ich denke, sie ist so wie wir Eltern mit der Situation sehr zufrieden.


Andreas Schimanko arbeitete für gut 30 Jahre als IT-Manager in einem globalen Finanzkonzern und hat sich nach der Elternteilzeit für eine Karriere als Schriftsteller entschieden. Zudem arbeitet er von Zeit zu Zeit in einem Netzwerk selbständiger Experten, bei denen er sein berufliches Wissen einbringen kann.


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Vom Corporate Animal zum „Jung“-Unternehmer in der Kreislaufwirtschaft https://jobs.derstandard.at//leserblog/vom-corporate-animal-zum-jung-unternehmer-in-der-kreislaufwirtschaft/ Tue, 15 Dec 2020 16:30:49 +0000 http://localhost/?p=3007 Nur durch einen Zufall und vor allem: nur vorübergehend, bin ich als Österreicher vor beinahe 25 Jahren nach Deutschland gekommen. Kurz vor Ende meines Betriebswirtschaftsstudiums an der WU Wien entdeckte ich dort einen Aushang: “Deutsches Automobilunternehmen in Stuttgart sucht Praktikant für eine interne Change-Beratung”. Ich hatte keine Ahnung, um welches Unternehmen es hier gehen könnte – Autos waren nicht mein Interessensgebiet – aber mich reizte die Aussicht, Einblicke in das Change Management eines großen Konzerns zu bekommen.

Der Weg in die Automobilindustrie

Ich bewarb mich, führte ein telefonisches Jobinterview, bekam das Angebot für einen sechs-monatigen Praktikantenvertrag und nahm es an. Mit der festen Absicht, diese Zeit bestmöglich für mich zu nutzen und Erfahrungen zu sammeln, wo es nur ging, um danach einen wirklich guten Berufseinstieg hinzubekommen, war ich einer der ersten Vertreter der später so genannten “Generation Praktikum”.

Aus dem halben Jahr wurde eine über 20-jährige Laufbahn bei der Daimler AG, wo ich schon bald Führungsaufgaben übernahm. Damit verbunden: gutes Gehalt, Dienstwagen, Pensionszusagen, Mitarbeiter, Verantwortung. Ohne es ursprünglich beabsichtigt zu haben, machte ich also Karriere bei einem der großen Premium-Hersteller von Automobilen – ein Traum, den viele träumen. Es gab nicht wenige Kollegen, die von sich sagten, sie hätten „Benzin im Blut“. Ich ging in meinen Aufgaben auf. Zugleich blieb in mir eine leise Stimme des Zweifels am Produkt und seinen „Nebenwirkungen“, die ich erfolgreich beiseite schieben konnte.

Vom Change Management hatte ich mich in der Zwischenzeit verabschiedet und war in den Einkauf gewechselt. Diese Funktion ist sehr international ausgerichtet, mit Büros in vielen Ländern und Lieferanten überall auf der Welt verteilt. Englisch war meine Arbeitssprache. Nicht selten kam es vor, dass ich an einem Arbeitstag mit Kollegen aus Japan, der Türkei, den USA und Brasilien zu tun hatte. Außerdem war ich geschäftlich viel auf Reisen, lernte so viele Länder aus Arbeitssicht kennen, setzte mit meinen Teams globale Projekte um und sammelte Erfahrung darin, wie Zusammenarbeit über verschiedene Kulturgrenzen hinweg gelingen kann.

Langsames Umdenken

Als ich schließlich die Verantwortung für Daimlers Nachhaltigkeitspolitik in der Lieferkette übernahm, war das eine Tätigkeit, bei der ich persönliche Werte und Beruf plötzlich und erstmalig in großer Übereinstimmung erlebte. Es überraschte mich, dass die “alten Fragen” lauter wurden: Ist das, was ich hier tue, der Konzern, in dem ich arbeite, die Produkte, die wir erzeugen gedeihlich für diese Welt? Wozu will ich mit meiner Arbeit beitragen?

Es gab in dem Konzern sehr wohl die klare Absicht, die Produkte nachhaltiger zu gestalten. Der Trend zur Elektromobilität war erkannt und der Weg wurde immer entschlossener eingeschlagen. Auch die Einhaltung der Menschenrechte bei Lieferanten wurde zunehmend wichtig. Hier hatte ich die Chance, zusammen mit einem Expertenteam, einen Ansatz zu entwickeln, wie Menschenrechtsverletzungen in den Lieferketten im Ansatz erkannt und wie ihnen vorgebeugt werden kann. Die zentrale Frage für mich persönlich war jedoch, ob ich die Geduld aufbringen würde, der Entwicklung ihre Zeit zu geben.

Der entscheidende Impuls kam, als ein Programm aufgelegt wurde, bei dem MitarbeiterInnen großzügige Abfindungen für ihr freiwilliges Ausscheiden angeboten wurden. Ich unterschrieb einen Aufhebungsvertrag. Anders als bei manchem Kollegen, der diesen Schritt schon mit einem neuen Arbeitsvertrag in der Tasche ging, gab es bei mir keinen Plan B. Für mich war klar, ich mache ein Jahr Pause von der Erwerbsarbeit, um lange aufgeschobene Vorhaben zu realisieren: die Bewirtschaftung eines Weinbergs, das Kochen mit geretteten Lebensmitteln auf öffentlichen Plätzen oder die Produktion eines Brettspiels per Crowdfunding, das eine Bekannte erfunden hatte. Außerdem nahm ich mir Zeit für meine Familie und die inzwischen drei heranwachsenden Kinder.

Mit Kreislaufwirtschaft in die Selbständigkeit

Der Abschied fiel mir nach über 20 Jahren dann doch nicht ganz leicht, aber der Weg war vorgezeichnet. Mich trug das Ziel, während des Sabbaticals für mich mehr Klarheit zu finden, womit ich zukünftig mein Geld verdienen würde. Etwas “mit Sinn” sollte es sein. Ich konnte diese Formel aber noch nicht mit Leben füllen. Zunächst bewarb ich mich auf Positionen als Verantwortlicher für Nachhaltigkeit im Mittelstand. Aus verschiedenen Gründen wollte das jedoch nicht so recht klappen. Auch fehlte mir die tiefe Überzeugung, darin meinen Sinn zu finden.

Der Entschluss mich selbständig zu machen, reifte. Das Konzept der “circular economy” begann mich zu fesseln. Kerngedanke ist, dass Produkte und die darin enthaltenen Materialien am Ende eines Produktlebens nicht im Müll landen, sondern wieder einer Nutzung finden. Es stellt als Wirtschaftsprinzip bisherige Geschäftsmodelle auf den Kopf, indem es Abfälle, schädliche Emissionen aber auch unwürdige Arbeitsbedingungen möglichst weitgehend eliminiert. Ich hatte schon früher von den 5R’s gehört (Rethink, Reduce, Reuse, Repair, Recycle). Jetzt, auf der Suche nach “Sinn”, passten diese Überlegungen wie ein fehlender Puzzlestein in ein noch unfertiges Bild.

Heute bin ich als selbständiger Berater in diesem Bereich tätig und begleite vorwiegend mittelständische Unternehmen bei ihrem Umstieg in die Kreislaufwirtschaft. Ich habe außerdem einen Podcast aus der Taufe gehoben – #MüllistMist – mit dem ich den Ideen der Kreislaufwirtschaft zu mehr Bekanntheit verhelfe. Aus der Überzeugung, dass bei jungen Menschen noch besonders viel in diese Richtung möglich ist, biete ich pro-bono an Schulen sogenannte „Circular Hackathons“ an, bei denen Schüler ihre ersten zirkulären Projekte entwickeln.

Fazit

Der Schritt in die Selbständigkeit war bei mir eher der beruflichen Thematik und meiner Suche nach “Sinn” geschuldet, als ein langgehegter Traum. Aus der Sicherheit eines Konzerns hinauszutreten war, besonders für meine Familie, nicht ganz einfach. Das Gehalt und den Status eines Großkonzerns einzutauschen gegen die zunächst unsicheren Aussichten auf einem freien Beratermarkt, ist mental wie real eine Herausforderung.

Der Schritt hat sich aus heutiger Sicht gelohnt für mich, denn er war verbunden mit einer beruflichen wie privaten Selbstentfaltung. Ich bin sehr dankbar für die Früchte dieses Weges. Ich weiß, wofür ich arbeite und ziehe viel Befriedigung daraus, den Umbau unserer Wirtschaft und Gesellschaft hin zur Kreislaufwirtschaft mitzugestalten.


Stellungswechsel_Christoph Soukup

Dr. Christoph Soukup ist gebürtiger Österreicher und lebt mit seiner Familie in Stuttgart. Über 20 Jahre in leitenden Positionen in der Automobilindustrie tätig, begleitet er nun Unternehmen dabei, ihre Geschäftsmodelle auf Prinzipien der Kreislaufwirtschaft umzustellen, ohne ihre Profitabilität aus den Augen zu verlieren.


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Meine zweite Karriere: weibliche Führungskraft in einer männerdominierten Branche https://jobs.derstandard.at//leserblog/meine-zweite-karriere-weibliche-fuhrungskraft-in-einer-mannerdominierten-branche/ Tue, 18 Aug 2020 07:59:42 +0000 http://localhost/?p=2760 Von L’Oréal Paris zu Nike und dann als weibliche Führungskraft in die österreichische Metallindustrie – Userin Karen Fanto erzählt über Herausforderungen auf ihrem Weg und wie es überhaupt dazu kam.

Das Studium

Nach meinem auf der WU Wien absolvierten Studium der Betriebswirtschaftslehre habe ich es – nach einem einjährigen Aufnahmeverfahren – an die HEC (École des hautes études commerciales de Paris) in Frankreich, eine der weltweit führenden Management-Universitäten, geschafft.

Am Ende der Prüfungen stand ein Solo-Fallschirmabsprung, um die absolute Bereitschaft und den Willen zu zeigen, dieses Elite Programm bewältigen zu wollen.

Gerade als ich soweit war zu sagen „Es reicht!“, kam der entscheidende Anruf. „Sie haben einen der drei reservierten Plätze für europäische Studenten bekommen. Dürfen wir Sie im September willkommen heißen?“.

Der Master in „Entrepreneurship“ war sehr fordernd und lehrreich. In Dreier-Teams wurde an realen Fällen – von der Konkursabwicklung, Unternehmensschließung über die Unternehmensgründung, Unternehmensberatung bis zu M&A (Mergers & Acquisitions) – gearbeitet. Eine Jury entschied am Ende über die Performance.

Die Finanzierung meines Studiums übernahm ich selbst, indem ich während der gesamten Zeit gearbeitet und mir das notwendige Budget verdient habe.

Der Einstieg in die Arbeitswelt

Nach dem mit Auszeichnung bestandenen Masterabschluss war L‘Oréal mein Wunsch-Arbeitgeber. Nach einer Bewerbung erhielt ich die Position der Junior Produktmanagerin und nach neun Monaten übernahm ich die Leitung einer Abteilung und damit meine erste Führungsposition.

Damals übernahm ich auch den digital Lead, also die Einführung des Internet- und Webauftritts für L‘Oréal Paris in der Region. Diese Affinität zu neuen Technologien, sozialen Medien und Herausforderungen zieht sich durch meine gesamte Laufbahn.

Der Wechsel zum Sportartikel-Hersteller

Da ich mich zum damaligen Zeitpunkt bei L‘Oréal nicht weiterentwickeln konnte und ich die amerikanische Arbeitsweise kennenlernen wollte, ging es für mich weiter zu Nike.

Ich begann meine Karriere bei Nike mit der Leitung des Marketings und Category Managements für Österreich und drei weitere Länder. Die größten Erfolge waren die Führung Nikes als Team zur Nummer Eins im Fußball und die erfolgreiche Einführung der Kategorien „Outdoor“, „Lifestyle“ sowie „women’s“.

Sabbatical & Babypause

Das erste Mal habe ich 2004, in der Mitte meiner Zeit bei Nike, alles auf den Kopf gestellt und bin mit meinem heutigen Mann auf Weltreise gegangen. Ich habe dafür bei Nike als eine der ersten Mitarbeiter ein Sabbatical bekommen.

Die Weltreise war eine wunderbare Erfahrung, während das Zurückkehren in die „alte“ Berufswelt eine Herausforderung war. Doch dies war ich allen KollegInnen schuldig, die in Zukunft ein Sabbatical machen wollten. Nicht-zurückkehren war somit für mich keine Option – wenn auch sehr verlockend.

Relativ schnell lebte ich mich im 60 bis 70 Stunden Wochenrhythmus wieder ein und übernahm ein paar Jahre später, nach der Geburt meiner Tochter, eine neue Herausforderung bei Nike: die strategische Planung und das strategische Projektmanagement im Sales Bereich.

Als Nike dann entschied, zur Zentralisierung überzugehen, nahm ich das entsprechende Jobangebot nicht an, sondern folgte meinem Traum, meine Erfahrung in einem österreichischen Unternehmen einzusetzen.

Die neue Herausforderung „Metallindustrie“

Die Werte meines künftigen Unternehmens waren mir sehr wichtig, so kam ich zu Berndorf Bäderbau. Das war 2013. Vom Sportartikler zum Metallbauunternehmen. Vom Konzern in den Mittelstand. Von einem erfolgreichen Unternehmen mit „double digit growth“ (zweistelligen Wachstumszahlen) in ein Unternehmen, welches dringend große Veränderungen brauchte.

Durch meine strategischen Erfolge bei Nike wurde ich in Folge zum Chief Strategy Officer von Berndorf Bäderbau berufen. Nach eineinhalb Jahren war das Unternehmen wieder auf Erfolgskurs.

In dieser Zeit baute ich gemeinsam mit den Gründerinnen Dr. Dagmar Zuchi und Prof. Martina Huemann das Netzwerk „enable2change“ auf, welches die Entwicklung von Organisationen unterstützt und dabei hilft, Strategien umzusetzen.

Beim Bäderbau ging es weiter mit dem Aufbau der Business Unit Hotel International, ein Bereich, der noch keine guten Zahlen schrieb. Nach wiederum eineinhalb Jahren war der „turn around“ geschafft. Seit Anfang diesen Jahres habe ich eine weitere Business Unit dazu bekommen. Gemeinsam mit der nunmehrigen Aufsichtsratsvorsitzenden, Sonja Zimmermann, und Karin Moser, Vice President HR bei Berndorf Band, gründete ich vor zwei Jahren das „women’s-network“ für Frauen in Führungspositionen bei Berndorf. Ziel des Netzwerks ist es, weibliche Führungskräfte in Berndorf zu vernetzen sowie Berndorf für Frauen attraktiv zu machen.

Die Umstellung, in die männerdominierte Industrie zu gehen, war herausfordernd. Ich erinnere mich an Meetings, in denen ich erfahrene Techniker erst überzeugen musste, um Ernst genommen zu werden. Auch als ich mit Produktinnovationen kam, brauchte es einen langen Atem, diese durchzusetzen.

Nach nunmehr sieben Jahren in der Industrie genieße ich als eine der wenigen weiblichen Führungskräfte nicht nur bei den MitarbeiterInnen in der Produktion sondern im gesamten Unternehmen eine sehr hohe Wertschätzung, was mich mit großer Freude erfüllt.


Mag. Karen Fanto M.S. lebt mit ihrer Familie im südlichen Niederösterreich. Sie ist bei Berndorf Bäderbau Geschäftsbereichsleiterin für Hotel- & Privatkunden. In ihrer Freizeit agiert sie als Expertin für Veränderungsprozesse bei enable2change und liebt Aktivitäten in der Natur wie Mountainbiken oder Kajaken.


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Alles auf eine Karte setzen https://jobs.derstandard.at//leserblog/alles-auf-eine-karte-setzen/ Thu, 18 Jun 2020 09:41:04 +0000 http://localhost/?p=2610 Im Fall dieser Geschichte ist das die Speisekarte. Tom erzählt, wie er es geschafft hat, Zahlenkolonnen gegen Kochlöffel zu tauschen.

Nach einem Viertel-Jahrhundert feiern Eheleute normalerweise ihre Silberne. Ich entschied mich nach genau 25 Jahren »Bankertum« für eine Trennung. Und zwar vom bisherigen Broterwerb. Zumindest aus heutiger Sicht lag ich damit goldrichtig.

Vor drei Jahren war ich mir mit dieser Entscheidung alles andere als sicher. Immerhin gab es viele Faktoren, die ich miteinrechnen musste. Zu denen komme ich aber erst später. Denn meine Geschichte beginnt natürlich weit vor meiner Entscheidung zum Stellungswechsel. Nämlich mit der Zeit nach der Matura.

Mit meiner Ausbildung an der HAK Innsbruck war mein Weg in den Beruf schon vorskizziert. Ich musste nur den ersten Schritt in die angezeigte Richtung tun. Deswegen startete ich in einen Bewerbungsprozess und entschied mich schlussendlich für eine Tiroler Regionalbank, mit Niederlassungen in Wien und eben Tirol. Meine Einsatzgebiete. Für 25 Jahre. Und diese Zeitspanne hatte auch durchaus ihren Grund.

Passion x Fruits

Im Lauf der Jahre durfte ich viele großartige Begegnungen miterleben. Ich konnte mit meinen KundInnen Lösungen für ihre Vorhaben und Leidenschaften entwickeln. Auch in schweren Zeiten. Oder an Kultur-Sponsorings mitwirken, die es meiner Einschätzung nach verdienten, Subventionen zu erhalten. So schaffte ich es oft, meinen Kultur- und Zwischenmenschlichkeits-Idealismus mit dem Bank-Geschäft zu verbinden. Brücken zu bauen.

Auch meine KollegInnen waren mitunter ein Grund, warum mir der Wechsel schwerfiel. Unter ihnen gibt es einige, die diesen Beruf mit echter Passion erfüllen. Und das in einer Branche, wo es oft den Anschein hat, dass nur harte Zahlen zählen. Paradox. Aber es gibt sie auch in Banken, die Leidenschaft für Menschen und ihre Anliegen.

Geerbte Geschmacksverstärker

Die Küche übt auf mich seit der Kindheit eine starke Anziehungskraft aus. Und das nicht nur, um auf Herdplatten zu greifen. Bereits meine Großeltern nutzten beispielsweise den regionalen Obst- und Gemüseanbau als Lebensgrundlage. Später kam noch ein Beherbergungsbetrieb dazu. Sie hatten es geschafft, gesunde und rentable Gewerbe aufzubauen. Und das zu einer Zeit, als das Schlagwort »Nachhaltigkeit« noch kein Modewort, sondern eine Selbstverständlichkeit war. Meine Liverpooler Gene mütterlicherseits sorgten dafür, dass World Music und Global Cooking mich prägten.

Mein Vater war Leiter einer renommierten Weinmanufaktur in Innsbruck. Diese genetischen Ingredienzien bilden vermutlich die Basis für meine grundsätzliche Freude an qualitativen Lebensmitteln und wertigen Grundprodukten. Und auch für das Gefühl, wenn ich Begeisterung sehe. Die Begeisterung, die ich Menschen mit gutem Essen bereiten kann.

»Kochen« war für mich also schon immer Thema. Immer suchte ich nach Möglichkeiten es »richtig« zu lernen und über meinen Amateur-Status hinauszuwachsen. Aber erst 2018 war es dann so weit: Eine Chance tat sich auf.

Reduktion. Auch auf das Wesentliche.

Die Bank-Branche hat nicht erst seit 2018 mit steigendem Druck zu kämpfen. Ich war zuletzt Kundensegment-Manager. Die letzten Jahre hatten mich in kreativer Hinsicht abgestumpft. Ich brauchte Veränderung. Meine Bank musste zur selben Zeit aufgrund branchenbedingter Umstände MitarbeiterInnen reduzieren. Und tat das auf sozial verträgliche Weise. Für mich ergab sich so die Möglichkeit in eine Arbeitsstiftung einzutreten. Ein wertvoller (Um)Orientierungsraum.

Wohin es gehen sollte, wusste ich. Allerdings fehlte mir eine Antwort auf das »Wie«.

Meine Hauptsorge war, meine zwei großartigen Söhne nicht mehr wie gewohnt unterstützen zu können. Bevor ich also lernen konnte, Fonds und Saucen zu reduzieren, musste ich dasselbe mit meinem Lebensstandard tun. Ich verwendete genau die Haushaltsrechnung, die ich jahrelang in meinem Job nutzte und begann zu rechnen. Für meinen letzten Kunden. Für mich selbst.

Leben: Einmal kräftig umrühren, bitte.

Das Ergebnis meiner Rechnung war, grob gesagt: »Das muss sich einfach irgendwie ausgehen«. Ich entschied mich für eine berufsbegleitende Umorientierung mit starkem Fokus auf die Gastronomie. Eine Möglichkeit hierfür bietet in Innsbruck das Tourismuskolleg. Im Rahmen dieser breiten, touristischen Ausbildung erlernte ich sowohl inhouse professionell zu kochen, als auch durch Praktika.

Die letzten Jahre stand ich beispielsweise in einem israelischen Restaurant hinterm Herd und habe in der Markthalle Innsbruck hochwertigen Käse verkauft. Alles quasi von der Pike auf.

Seit einem Jahr koche ich bei einem jungen Innsbrucker Unternehmen, dem Futterkutter.

Aus einer mobilen Fahrrad-Küchen-Installation servieren wir Gerichte aus der ganzen Welt. Und zwar alles im wiederverwertbaren Einmachglas – das Spektrum reicht vom Thai Curry über Maiwipfel-Fleisch bis zur Lasagne. Zu finden ist der Futterkutter mitten in der Innsbrucker Innenstadt, am Franziskanerplatz und bei ausgesuchten Caterings und Veranstaltungen. Das Konzept geht auf wie Germ. Wer einmal die Gelegenheit hat: Unser Publikum schwärmt für unsere Curries und die Lasagne im Glas.

Der ewige Trend zum Food.

Durch das Tourismuskolleg hatte ich die Möglichkeit bei Kochwettbewerben mitzuwirken und auch sonst ergeben sich immer wieder wertvolle Erfahrungen. Wie beispielsweise bei der »Nordischen Skiweltmeisterschaft 2019« in Seefeld, wo unser Jahrgang Presse und VIP-Gäste bekochen konnte.

Die gesammelten Eindrücke und das Gelernte binden meine Begeisterung für den neuen Beruf. Und alles festigt täglich auf’s Neue, dass die Entscheidung in die Küche zu gehen richtig war. Meine Ausbildung ist noch nicht abgeschlossen, aber der Wechsel vollzogen. Ich habe alles auf eine Karte gesetzt. Damit Tageskarten meinen Tagesablauf bestimmen. Und dadurch ich selbst. Das macht mich ziemlich glücklich. Und auch ein bisschen stolz. Es ist mein Erdbeerfeld. Für immer.


Tom Eichler,  Anglo-Tiroler und Koch in Ausbildung, studiert am Tourismus College Innsbruck, berufsbegleitend und kocht beim Futterkutter Innsbruck.


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Bei „Irgendwas mit Menschen“ liegt die Betonung nicht auf „Irgendwas“! https://jobs.derstandard.at//leserblog/bei-irgendwas-mit-menschen-liegt-die-betonung-nicht-auf-irgendwas/ Thu, 16 Apr 2020 10:15:22 +0000 http://localhost/?p=2286 In diesem Beitrag erzählt eine Userin, wie sie dank ihres neuen Jobs aufgehört hat, die Tage bis zur Pension zu zählen.

Mein Lebensweg war immer schon eher eine Anhäufung von Zufällen als ein erkennbarer Weg. Humanistisch und musikalisch gebildet, begab ich mich damals nach der Matura völlig orientierungslos und schlecht beraten nach Graz, um als wackere Studentin Soziologie zu studieren und notgedrungen irgendwie auch abzuschließen.

Dass ich in diesen Jahren dachte, den Durchblick zu haben, lag schlichtweg daran, dass ich zu sehr mit mir selbst beschäftigt war, um zu erkennen, was die Welt alles zu bieten hatte.

Was die soziale Arbeit mit mir machte

Über zahlreiche Umwege kehrte ich 2013 nach Linz zurück und landete in der Personalvermittlung. Warum auch nicht? Viele Branchen und Unternehmen kennen lernen, klang attraktiv und Hands-on-Mentalität hatte ich inzwischen genug erworben. Was mir über die Jahre aber zum Verhängnis wurde, war der soziale Anspruch des sogenannten „sozialökonomischen Betriebs“, für den ich tätig war. Es war mir leider nicht gleich bewusst, was soziale Arbeit mit mir machte, bzw. muss ich mir wohl auch eingestehen, dass meine Vorstellungen von benachteiligen Personen eher sozialromantischer als realistischer Natur waren.

Über die Jahre häuften sich die negativen Erlebnisse. AlkoholikerInnen, BildungsverliererInnen und jene, die nicht erkennen wollten, dass ihre Großmannssucht sie erst in ihre prekären Lagen gebracht hatte, begannen zusehends an meinem Nervenkostüm zu nagen. Irgendwann sah mir ein psychologisch geschulter Mensch tief in die Augen und meinte: „Merken Sie eigentlich, dass Sie total abfällig über Ihre Leute reden?“ Natürlich merkte ich das, aber ich war der unbedingten Ansicht, dass sie das verdient hatten!

Hinzu kamen permanenter Budgetdruck, der dieser Branche schicksalshaft innewohnt und seltsame Gepflogenheiten wie beispielsweise ein sehr ambivalenter Leistungsbegriff. Ich möchte allerdings betonen, dass dies branchen- und nicht firmenspezifisch ist!

Ein Kreis in einer Welt aus Quadraten

Nach und nach wurde der Mühlstein um meinem Hals immer schwerer. Es häuften sich unnötige Konflikte im Kollegium und mit der Führungsetage und ich begann, erste gesundheitliche Warnsignale wahrzunehmen.
Ich musste mir eingestehen, dass ich mich definitiv nicht dafür eigne, Menschen liebevolle Fürsorge angedeihen zu lassen. Überhaupt nicht.
Es gelang mir immer weniger, Leuten, die Chance um Chance fahrlässig „hingeschmissen“ hatten, mit einem verständnisvollen „Hat halt eine Auszeit gebraucht“ zu begegnen.

Was war ich bloß in einer Welt, in der Menschen ihre guten Jobs in der Privatwirtschaft hinschmissen, um „etwas Sinnvolles für Menschen“ zu tun?! Mir wurde permanent gesagt, dass ich „etwas für Menschen“ getan hätte und empfand es dennoch als völlig sinnbefreit! Ich fühlte mich wie ein Kreis in einer Welt aus Quadraten.

Ich dachte irgendwann darüber nach, wie es sich wohl anfühlen würde, am Arbeitsmarkt mal zur Abwechslung die Gewinnerin und nicht die Soziologin zu sein… Und dann begann ich, das Ruder zwar nicht herumzureißen, aber doch langsam in eine andere Richtung zu drehen. Ich entdeckte eine Tür zu einem Weg nach draußen – ein berufsbegleitendes Fernstudium der Wirtschaftsinformatik. Mit jeder guten Note wuchsen mein Selbstvertrauen und die Hoffnung, dass ich irgendwann doch noch etwas anderes sehen werde als meinen selbstprogrammierten Pensions-Counter („Nur noch 24 Jahre, 3 Monate und 17 Tage; nur noch 24 Jahre, 3 Monate und 16 Tage; nur noch…“).

Erste Bewerbungsgespräche verliefen wie erwartet deprimierend – das Highlight der Absagen lautete: „Frau Nusko, Sie wären ein Abenteuer! Und das konnten wir jetzt einfach nicht riskieren!“ Bis heute kann ich nur darüber spekulieren, was an meiner Selbstpräsentation so „abenteuerlich“ gewesen war.

Heute bin ich überzeugt, dass mich das Schicksal aus gutem Grund in die Warteschleife gehängt hat. Und dieser Grund erschien eines Tages direkt vor meinen Augen, (eigentlich) unübersehbar und mitten in Linz.

Die voestalpine AG

Weltkonzern und identitätsstiftend für meine Heimatstadt, die ich (im Rückspiegel betrachtet) nie hätte verlassen sollen.

Foto: Julia Nusko

Das Bewerbungsgespräch war das erste, bei dem ich das Gefühl hatte, nicht von der Kripo vorgeladen worden zu sein. Da waren einfach nur zwei Menschen, die mich auf Augenhöhe betrachteten und ein normales Gespräch mit mir führten. Ich konnte mit ihnen problemlos über die Langeweile sprechen, die ich bei der intellektuell unterfordernden Arbeit empfand und auch über den Eindruck, keine Perspektiven mehr zu sehen – und es war plötzlich nicht mehr ungehörig zu sagen, dass man vom Arbeitsleben noch mehr erwartet als das, was man aktuell hat.

Heimat gefunden

Und wenig später wurde mir das Beste, was mir in meinem Leben je passiert ist, zuteil – eine Zusage von einem Konzern, der von der ersten Sekunde an mehr Heimat als Arbeitsplatz für mich war.

Ein Onboarding-Prozess, wie er im Bilderbuch steht, ebnete mir den Weg ins Recruiting. Der erste Gedanke, der sich aufdrängt, ist wahrscheinlich der, dass ich auch hier mit Menschen zu tun habe. Stimmt! Aber das ist auch schon die einzige Gemeinsamkeit. Denn nun habe ich mit Menschen zu tun, die hier sein wollen. Hier helfe ich einem bedeutenden Industriebetrieb, das Personal zu finden, das benötigt wird, um durch herausfordernde Zeiten zu kommen und ich habe die Möglichkeit, Andere mit meiner Begeisterung anzustecken.

Die ersten Monate waren mehr Therapie als Arbeit. Ich fühlte nach und nach, wie meine Kreativität zurückkehrte, sowohl beim Schreiben, als auch in der Musik. Dabei ist mir das Blasorchester der voestalpine AG bei der Erhaltung und Entwicklung dieser Kreativität überaus behilflich .

Foto: Julia Nusko

Selbstverständlich gibt es auch hier Ecken und Kanten, die ich nicht für ganz ideal befinde. Aber der Unterschied zu früher ist, dass ich hier nach Leibeskräften mithelfen möchte, so manche Hürde zu überwinden und nicht an diesen verzweifle und jede Hoffnung verliere.

Auch wenn mein Tag nur 24 Stunden hat – mit der Energie, die dieses Unternehmen in mir entfacht hat, komme ich auch im berufsbegleitenden Studium gut voran. Die Entwicklungsmöglichkeiten, die nur ein Weltkonzern zu bieten hat, tragen ihr Übriges zu meiner Begeisterung und Motivation bei. Wohin mich die weiteren Schritte führen werden? Ich hoffe, innerhalb des Konzerns dorthin, wo ich am dringendsten gebraucht werde.

Und übrigens: meinen selbstprogrammierten Pensions-Counter habe ich weggeschmissen. Wenn’s nach mir geht, dürfen Sie mich eines Tages gerne unter dem Schreibtisch herausziehen.


Mag. Julia Nusko ist eine musikalisch beflissenene Geisteswissenschaftlerin, die aktuell mit großer Begeisterung Software Entwicklung erlernt und mit einer Anstellung in der voestalpine Personal Services GmbH ihren beruflichen Heimathafen gefunden hat.


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Unfreiwillige Veränderung nutzen und neue Gipfel erklimmen https://jobs.derstandard.at//leserblog/unfreiwillige-veranderung-nutzen-und-neue-gipfel-erklimmen/ Fri, 13 Mar 2020 08:21:46 +0000 http://localhost/?p=2081 Ein User erzählt, wie er durch eine unfreiwillige Veränderung zu neuem Mut und einer neuen Karriere gefunden hat.

Jahrgang 1957, habe ich nach einem Dolmetsch- und Übersetzerstudium (Englisch, Spanisch) in Wien und Edinburgh, zwei Jahre freiberuflich gearbeitet. Ab 1988 war ich in einem internationalen Umfeld als Übersetzer und Media Analyst zunächst für österreichische und deutsche, später dann für spanische und portugiesische Medien zuständig. Mit der Übersiedlung der Agentur nach London im Jahr 2017 war mein Job weg. Ich wäre bereit gewesen mitzugehen, musste mich in einem demütigenden Videointerview für meinen Job neu bewerben, um ihn dann nicht zu bekommen. Es folgten zwei Kurzzeitjobs als Karenzvertretung.

Von Arbeitsverlust und Älterwerden

Nachdem die Kündigung ausgesprochenen war, holte ich mir an den mir zur Arbeitssuche zustehenden Tagen Unterstützung bei einer Outplacement Beratungsfirma – eine Dienstleistung, die mein Arbeitnehmer noch finanzierte. Das Wichtigste, das ich mitnahm, war mich nicht schlecht zu fühlen oder gar zu schämen, AMS Leistungen in Anspruch zu nehmen. Das zweite war die Erkenntnis, dass meine einzige Chance, weiter an einem aktiven Arbeitsleben teilzunehmen, Eigeninitiative und meine persönlichen Kontakte sein würden.

Obwohl ich den Arbeitsverlust schnell auch als eine Chance wahrnahm, noch einmal was anderes auszuprobieren – was ich sonst mit 59 Jahren sicher nicht mehr gemacht hätte – war dieser Prozess jedenfalls sehr anstrengend, zumal er sich mit dem des Älterwerdens paarte. Die Hürden, die es dabei zu überwinden galt – komplettes Unverständnis der AMS Betreuerinnen und Betreuer, dass ich noch arbeiten will und nicht einfach die Pension anstrebe – waren und sind jedenfalls höher als erwartet.

Das Richtige finden

Nach dem Wegbrechen einer Struktur, die 30 Jahre meinen Tagesablauf gekennzeichnet hatte, war ich zu Beginn der Arbeitslosigkeit vor allem völlig orientierungslos. Zunächst wollte ich ganz weg von meinem Metier und überlegte, eine Jazzbar zu eröffnen oder Trauerredner bei einem Bestattungsunternehmen zu werden und führte auch bereits Gespräche in beide Richtungen.

Auf der Freiwilligenmesse im Wiener Rathaus im Herbst 2018 hörte ich erstmals von einem Senior Experts Programm für Menschen über 50 und ich begann mich bei einer NGO als Freiwilliger für einen Auslandsaufenthalt zu bewerben. Das Hauptproblem der fehlenden Tagesstruktur war damit aber noch nicht gelöst. Ich brauchte eine Beschäftigung – und zwar sofort. Nie zuvor hätte ich mir gedacht, dass mein Tag nicht ausgefüllt sein könnte, wenn ich mich mit meinen Dingen beschäftigte.

Just nach einem unangenehmen AMS-Termin kam ich auf die Idee, eine Ausbildung als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Dolmetscher für die englische Sprache zu beginnen. Es war etwas, dass ich unmittelbar nach meinem Studium bereits einmal ins Auge gefasst hatte, dann aber aus Zeitgründen doch nicht machte. Plötzlich hatte ich hunderte Seiten Unterlagen auf meinem Schreibtisch – und drei Wochenenden ausgefüllt mit Vorbereitungsseminaren und der Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen zu Menschen, die auch auf Jobsuche oder in Veränderung waren.

Die Kosten von 2.000 Euro, die nicht vom AMS getragen wurden, da der Kurs am Wochenende stattfand, konnte ich mir aber leisten. Schließlich ist meine Kündigung mit der Ausbezahlung einer Abfertigung einhergegangen.

Wenn sowohl Plan A als auch Plan B aufgehen

Acht Monate lang beschäftigte ich mich intensiv mit der Rechtssprache und Fachterminologie und besuchte parallel dazu Gerichtsverhandlungen, um mich mit den praktischen Anforderungen an Dolmetscher bei Gericht vertraut zu machen. Eine sehr interessante Erfahrung. Im Oktober 2019 trat ich dann zur Prüfung an und bestand sie auch. Den für Anfang November geplanten nächsten Schritt – die Beeidigung durch die Präsidentin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen – musste ich aber verschieben.

Der Grund war, dass mein Plan B – ein Volontariat in einem spanischsprachigen Land zu machen – ebenfalls aufging. Und so fuhr ich Anfang November 2019 für drei Monate nach Ecuador, um an der Universidad Politécnica Salesiana, die auch unterprivilegierten, indigenen Studentinnen und Studenten ein Universitätsstudium ermöglicht, an der Übersetzung eines wissenschaftlichen Buches mitzuarbeiten. Die Universität war so angetan von meiner freiwilligen Tätigkeit, dass mir der Autor des Buches anbot, es gegen Bezahlung eines Honorars in Österreich fertig zu übersetzen – was ich annahm. Damit sollte ich die nächsten drei Monate beschäftigt sein.

Nicht mehr weit bis zum Gipfel des Pichincha (4.690m), des Hausberges von Quito
Nicht mehr weit bis zum Gipfel des Pichincha (4.690m), des Hausberges von Quito
Foto: Wolf Lichtenwagner

Kurz vor meiner Heimreise entdeckte ich in einer Buchhandlung in Quito eine spannende Graphic Novel, die einen Kunstraub zum Thema hatte. Seit mehreren Jahren interessiere ich mich für das Genre Comic im Buchformat und habe vor kurzem den Verlag in Quito wegen der Übersetzungsrechte kontaktiert. Mal schauen… Zu Beginn meines Übersetzerstudiums stand ja die Vorstellung, dass ich einmal Literatur übersetzen würde, bloß hat sich meine Karriere dann anders entwickelt.

Das erste, improvisierte eigene Büro
Das erste, improvisierte eigene Büro
Foto: Wolf Lichtenwagner

Seit genau zwei Wochen bin ich jetzt auch als Gerichtsdolmetscher beeidet. Obwohl ich jetzt nicht weiß, ob mir meine neue Karriere als selbständiger Sprachdienstleister ausreichend Finanzmittel bescheren wird, ist der wichtigste Effekt der unfreiwilligen Veränderung eindeutig schon eingetreten: er hat mir frische Energie gegeben, meine Neugierde und Kreativität befeuert und mir mein Selbstbewusstsein zurückgegeben.


Mag. phil. Wolfgang Lichtenwagner ist allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Dolmetscher für Englisch und macht beglaubigte Übersetzungen Englisch-Deutsch und Deutsch-Englisch. Außerdem übersetzt er aus dem Spanischen ins Deutsche und Englische.


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Mit 49 den sicheren Job über Bord geworfen https://jobs.derstandard.at//leserblog/mit-49-den-sicheren-job-uber-bord-geworfen/ Thu, 20 Feb 2020 10:06:17 +0000 http://localhost/?p=1993 „Sorry für die Störung, aber ich muss das jetzt schreiben: Kennen Sie das Gefühl locker und frei zu sein und die ganze Welt umarmen zu können? Genau so geht es mir jedes Mal, wenn ich bei Ihnen war. Vielen Dank dafür!“ Eine kleine SMS – ein großes Lächeln. In solchen Momenten weiß ich warum ich mich entschieden habe, noch einmal von vorne anzufangen.

Ich lernte mit meinen Händen zu kommunizieren

27 Jahre beschäftigte ich mich mit Kommunikation. Ich war Journalistin, Pressesprecherin, Unternehmens-Sprecherin, Content-Managerin und hab in die PR geschnuppert. Davon 18 Jahre bei der Stadt Wien. Ein sicheres Ticket bis zur Pension, so der einhellige Tenor und der entmutigende Beisatz „Ich würde mich das nicht trauen.“ Dennoch habe ich mit 49 Jahren mit meinem bisherigen Berufsleben gebrochen.

Mittlerweile bin ich „nur“ mehr Shiatsu-Praktikerin. Andere beeindruckt das viel weniger als mein Kommunikationsberuf es tat. Ich arbeite am Boden statt am Schreibtisch und versuche mehr zu spüren und weniger zu denken. Mein Lehrer hat zu Beginn meiner Ausbildung gemeint: „Jetzt wirst du lernen mit deinen Händen zu kommunizieren.“ Und ich erlebe Tag für Tag wie diese Hände, die früher die Tastatur bedient haben, auf einmal Stagnationen lösen, Energie fließen lassen und Menschen beim Gesundwerden unterstützen.

Körpertherapie für einen verkopften Kommunikationsmensch

Seit drei Jahren habe ich kein sicheres Einkommen mehr, verdiene deutlich weniger, muss mir Urlaube, Krankenstände selbst finanzieren und kämpfe mit meinen variablen Arbeitszeiten, die sich nicht und nicht in eine gemütliche Form gießen lassen wollen. Dafür kann ich niemand anderen die Schuld in die Schuhe schieben. Denn ich wollte es noch einmal wissen. Ich, verkopfter, körperferner Kommunikationsmensch entschied mich zum Befremden all meiner Freunde und Bekannten dafür, mein Geld künftig mit Shiatsu zu verdienen.

Nein, es gibt doch einen Schuldigen: meinen Nacken. Er schmerzte hartnäckig bei jeder Drehung und schien sowohl gegen Massagen als auch osteopathische Heilungsversuche immun zu sein. Schließlich pilgerte ich hoffnungsvoll zu einer Shiatsu-Praktikerin. Ich erinnere mich nicht mehr wie es meinem Nacken nachher ging. Was allerdings bis heute in meinem Gedächtnis blieb, war das Gefühl, Bäume ausreißen zu wollen, so voller Energie fühlte ich mich. Eine Liebesgeschichte nahm ihren Anfang, allerdings mit kleinen Kommunikationsproblemen. Die Therapeutin sprach von Wasser, Holz, Stagnation, Meridianen und anderen Aliens. Ich versuchte zu verstehen, fragte nach, immer wieder – bis sie vorschlug, ich solle doch eine Shiatsu-Ausbildung beginnen. Nur ein Jahr zur Selbsterfahrung, als eine Art Körpertherapie für den Kopfmenschen. Warum nicht! An meinem Schnuppertag in der International Academy für Hara Shiatsu stand ich erstmals mit meinen Füßen auf einem anderen Menschen ohne Umzufallen und ohne ihm weh zu tun. Und es hat sich „wow“ angefühlt!

Den Kopfschmerz am Fuß packen

Aus einem Jahr wurden drei und die Welt von Yin und Yang, Meridianen, den fünf Elementen und der Traditionellen Chinesischen Medizin eröffnete mir einen weiten, offenen Blick auf den Menschen und die Vorgänge im Körper. Ich lernte, was es bedeutet eine individuelle „Diagnose“ zu erstellen und, dass es nicht DIE eine Behandlung gegen Kopfschmerz gibt, sondern, dass ich zuerst herausfinden musste, woher der Kopfschmerz kam und wo er sich manifestierte. Und, dass es manchmal sinnvoll ist bei Kopfschmerzen an den Füßen zu arbeiten, – aber eben nicht immer. Ich suchte nach einer Formel, die ich in eine Lade stecken und nach Belieben wieder rausholen konnte. Vergebens. Meine Logik, die treu Hand in Hand mit mir bis jetzt jede Hürde meisterte, war an ihre Grenzen gestoßen. Ich musste lernen, zuerst den Menschen zu begreifen, um ihn behandeln zu können. Das ist jetzt einige Jahre her und ich lerne noch immer. Das wird wohl nie aufhören.

Abschied von meinem „Marktwert“

Den Job bei der Stadt Wien aufzugeben, fiel mir schwer. Es hieß auch Abschiednehmen von dem, was mich bisher ausgemacht hatte. Raus aus der Komfortzone, hinein ins eiskalte Wasser. In deinem Alter? Was machst du, wenn es nicht funktioniert? Wer nimmt dich dann noch? Kannst du davon leben? Viel Futter für meine Angst. Die Angst zu versagen. Die Angst, nie mehr wieder zurück zu können. Ich bin trotzdem gesprungen. Und das Wasser war wirklich kalt.

Es brauchte einen langen Atem, Optimismus oder auch Glauben, ein gut genährtes Sparschwein und eine gewisse Gelassenheit. Langsam wird das Wasser wärmer. Es gibt Tage, an denen ich denke, es wäre schön, weniger kämpfen zu müssen, mehr Sicherheit zu haben. Aber dann sind da meine Klientinnen und Klienten – wie etwa ein Mann mit Burnout, der langsam die Schönheit des Lebens neu entdeckt, eine Frau in den Wechseljahren, die gerade lernt, ihren Leiden mit Gelassenheit und Humor zu begegnen oder der Manager, der erstmals die Augen schließt und sich entspannt… Manche lassen ihren Körper erzählen, manche erzählen mir selbst ihre Geschichten und ich darf teilhaben an den Veränderungen in ihrem Körper und an ihrer Genesung. Es reicht, wenn ich sehe, dass ihre Augen wieder strahlen, wenn sie meine Praxis verlassen. Es sind die vielen Begegnungen, die kleinen und großen Erfolge und vor allem die Unmittelbarkeit dessen, was ich tue, was mich am Ende eines Tages zufrieden zurücklässt.


Monika Sperber ist Shiatsu-Praktikerin. Sie lebt und arbeitet in Mariahilf in ihrer Praxis, bietet Unternehmen aber auch „Shiatsu am Arbeitsplatz“ an. Unter sperber-shiatsu.at findet man alle Infos zu Shiatsu und ihren Angeboten.


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